SAS en Baie de Morlaix – hart verdiente Qualifikation zur Mini Transat

Es war die erste Classe Mini Regatta auf meinem inzwischen ein Jahr alten Wevo 6.5, die erste Klassenregatta in Frankreich nach dem lock down und der allererste große Vergleich mit anderen Minis. Bedingt durch die Corona-Pandemie war der ursprüngliche Kurs zu den Azoren leider nicht möglich, sodass die Organisatoren in Les Sables d’Olonne gemeinsam mit dem Hafen Roscoff ein Alternativprogramm gestemmt haben. 1500sm in drei Etappen, einhand, kreuz und quer durch die Biskaya und über den Ärmelkanal. Eine Regatta, die es wirklich in sich hatte.

Etappe 1: eine 200sm Schleife von Les Sables d’Olonne aus – Flautenpoker erster Teil

Wie bei der Wettervorhersage nicht anders zu erwarten, wurde der Regatta-Auftakt eine echte Zerreißprobe für die Nerven. Nichts als Flaute oder Leichtwind in Sicht. Leider wurde ich als eines der letzten Boote rausgeschleppt zur Startlinie und kam gerade mit dem Startsignal dort an. Nicht optimal. Aber erstaunlicherweise gelang mir ein für alle Fotografen toller Start als luvwärtigstes Boot. Das ganze in Lee der Linie wäre zwar noch besser gewesen, aber immerhin war ich zum Startschuss über die Linie.

Ich merkte schnell, dass ich auf dem Boot erst sehr wenig bei Leichtwind gesegelt war und dass mir vor allem der Vergleich zu anderen Minis noch absolut fehlte. Auch Polardaten und damit der beste Winkel zum Wind hatte ich bisher noch nicht komplett verlässlich bei allen Windstärken sammeln können. So segelte ich mich bei den herrschenden 8kn auf der Kreuz zum Plateau Rochebonne, 30sm vor Les Sables d’Olonne, leider ziemlich nach hinten. Irgendwann hatte ich den Dreh aber besser raus, hatte selber auch in dieses Solo-Rennen reingefunden und es ging eigentlich nur noch bergauf. Im Schneckentempo schoben wir uns unter Code 0 und am nächsten Morgen unter großem Spi in Richtung Belle Île. Tagsüber nahm der Wind sogar zu auf 12-14kn und während wir vor dem Wind mit einer Handvoll Minis um uns herum Meilen gut machte, konnte ich das Segeln endlich genießen. Für die zweite Nacht war eine absolute Flaute angesagt, da sich ein Hochdruckkeil über uns schieben sollte. Als ich die NW-Ecke der Belle Île passiert hatte, nahm der Wind pünktlich zum Sonnenuntergang auf 2-5kn ab und kam bis zum nächsten Wegpunkt, dem Leuchtturm Birvideaux, genau von hinten. Dazu kam ein etwa 1,5m hoher Schwell, ausgelöst durch ein Tief weit draußen auf dem Atlantik, von der Seite. Absolut schlimmste Bedingungen! Die Segel stehen nicht, sondern schlagen nur und man nähert sich seinem Ziel unglaublich langsam. Gegen Mitternacht schob ich mich endlich am Leuchtturm vorbei, nun galt es irgendwie zwischen Belle Île und Quiberon, bzw. den Insel Houat und Hoedic durchzutreiben. Das Meer war spiegelglatt und die Strömung ist an dieser Stelle absolut nicht zu unterschätzen. Es war klar, dass das eine lange Nacht ohne Schlaf werden würde… Während viele Minis schon ihren Anker geworfen hatten, um nicht auf den Felsen zu landen oder nicht rückwärts zu treiben, schaffte ich es die ganze Zeit mit mindestens einem Knoten Fahrt über Grund in die richtige Richtung zu treiben. Zumindest etwas. Ich hielt mich nah an der Belle Île, wo weniger Strom herrschte. Im Morgengrauen kam ein leichter Windhauch auf, der aber sofort von einer gewaltigen Nebelwand erstickt wurde. Also aufpassen und noch einmal zwei Stunden länger selber steuern bis sich langsam die östliche Ecke der Insel abzeichnete, 6-8kn Wind aufkamen und sich immer mehr Minis aus dem Nebel schälten. Code 0 hoch und ab ging es zur Île d’Yeu. Bis zum Zieldurchgang kurz nach Einbruch der Dunkelheit konnte ich zwar nur noch ein paar theoretische Plätze in der Serienwertung gut machen, aber zumindest wurden uns noch einmal einige schöne Segelstunden unter großem Spi gewährt. Ein 41. Platz (von 55) in der Serienwertung wäre absolut nicht das gewesen, was ich erwartet hätte, aber ich war zufrieden mit meiner Taktik, den Momenten der Segelwechsel und Manöver. Und auch wenn ich nicht viel geschlafen habe, so habe ich doch die Momente, in denen man schlafen konnte, bestens genutzt. Das wollte ich als Gefühl mitnehmen in die zweite Etappe.

Etappe 2: 470sm von Les Sables d’Olonne nach Roscoff – Flautenpoker hoch 10 und keine Winddaten mehr

Der Beginn der zweiten Etappe war wie eine schlechte Wiederholung der ersten. Ein perfekter Leestart, dann wegen fehlenden Trimm know-hows und einer kleinen Kollision mit einem anderen Boot ins hintere Mittelfeld gesegelt. Der Kurs führte uns unter der Brücke der Île de Ré hindurch und damit hinein in die Flaute. Während der folgenden kompletten Flauten, es waren bestimmt sechs, konnte ich meine Position einigermaßen halten. Mal ging es etwas vor in der Liste, mal etwas zurück. Auf dem Wasser ging es leider nur im Schneckentempo vorwärts, es war wirklich zum verrückt werden. Mal unter großem Spi, mal unter Code 0, dann wieder nur mit Fock waren die Meilen in Richtung Verkehrstrennungsgebiet Ouessant an der westlichsten Ecke der Bretagne wirklich hart erkämpft. Das kleinste Etmal unterwegs waren etwa 40sm… Nach einem sonnigen Flautentag war für den Rest des Rennens Regen sowie graues und diesiges Wetter angesagt. Für alle, die wie ich nur mit Solarpanels unterwegs waren, war nun wirklich Strom sparen angesagt.

Ich positionierte mich relativ weit westlich im Feld, da von dort irgendwann der heiß ersehnte neue Wind einsetzen sollte. Und der kam. Nicht nur mit 20, sondern direkt mit 25-30kn. Dazu herrschte eine wirklich konfuse Welle an der mit Felsen gespickten Westspitze der Bretagne. Und das ganze natürlich am Wind. In einer Wende muss ich beim Gewichte stacken unter Deck an den Hauptschalter gekommen sein, sodass plötzlich alle Displays schwarz waren. Eine Hand an der Pinne, mit der anderen Hand alles wieder anschalten. Aber die Winddaten fehlten auch nach einigen Minuten noch. Also nochmal aus und wieder an. Immer noch nichts. So ein Mist! Und das mitten vor dem Verkehrstrennungsgebiet wo wir gerade auch noch das einzige Mal während dieser Etappe Wind hatten. Kurz nachdenken. Keine Winddaten, kein Autopilot. Ok, ich hatte immer noch den Kompasskurs. Danach kann der Pilot steuern, auch wenn es bei langen Kursen lange nicht so akkurat ist wie nach dem Windwinkel zu steuern und unter Spi abenteuerlich sein wird. Auch bei 3m Welle und 25kn Wind lief es nicht so gut. Alles klar, dann steuerte ich eben weiter per Hand bis wir am Verkehrstrennungsgebiet vorbei waren und abfallen konnten. Fünf Stunden später fiel ich endlich ab, machte den Piloten an und hundemüde die Augen zu. Nur unter Fock und zweifach gerefftem Groß rasten wir durch die Nacht, oft schneller als die Boote um mich herum.

Im Morgengrauen, bei Annäherung an den Wolf Rock vor der englischen Küste, schlief der Wind komplett ein. Das Feld war wieder zusammen, Neustart. Unter Code 0 fuhr ich echt gut, überholte nur nach Leebändseln und Verklicker fahrend ordentlich Boote. Doch zwei Meilen vor dem Leuchtturm muss ich in eine seltsame Strömung gekommen sein, sodass ich unseren Wegpunkt kaum noch anliegen konnte, während Boote eine halbe Meile in Luv von mir noch mit großem Spi fuhren. Frustriert und müde rundete ich als eines der letzten Boote des großen Pulks den zwar eindrucksvollen, aber nicht sehr schönen Wolf Rock. 100sm trennten uns von der Ziellinie in Roscoff. Großer Spi hoch und ab ging’s. Der Wind nahm langsam wieder zu und der Kurs wurde spitzer. Nach mehreren Versuchen unter Autopilot musste ich das Experiment leider beenden. Auf eine Patenthalse hatte ich nun wirklich keine Lust, also blieb ich am Ruder. Inzwischen lief es auch echt gut und ich fuhr konstant 10kn Speed. „Einfach 10 Stunden durchsteuern, dann bin ich da“, versuchte ich mich aufzumuntern. Nachdem ich fünf Stunden später aber bereits mehrere Male am Ruder eingenickt war, wurde auch mir klar, dass das so nicht weitergehen konnte. Schweren Herzens barg ich den Spi, setzte meinen Code 0 – und schlief. Nach ein paar 20 minütigen Naps und einer warmen Mahlzeit konnte ich weitersteuern. Etwa 10sm vor Roscoff, es war bereits 03:00 morgens, holte mich erst eine riesige Nebelbank und dann der angesagte Hochdruckkeil ein. Als i-Tüpfelchen gab es dazu Algen en masse für Ruder und Kiel. Die letzten Seemeilen wurde zur echten Qual: ich brauchte sage und schreibe 7 Stunden für die letzten 3 Meilen! Ein Finish, das dieser furchtbaren Etappe die Krone aufsetzte und mich an den Rand der Verzweiflung brachte.

Etappe 3: 500sm von Roscoff nach Les Sables d’Olonne – Kaltfront-Flaute-Kaltfront-Ruderbruch

Nachdem der Start wegen eines Tiefdrucksystems mit 6m Welle im Ärmelkanal um einige Tage verschoben worden war, starteten wir nun zur verkürzten dritten und letzten Etappe. Am Rand der Bucht von Morlaix waren die Wellenberge immer noch wirklich beeindruckend, doch bald schon flaute der Wind auf 9-11kn ab und auch die Welle war mit etwa 2m Höhe steuerbar. Am Wind ging es für die Flotte zum bereits bekannten Verkehrstrennungsgebiet Ouessant. Obwohl ich viel per Hand steuerte (Winddaten und damit einen funktionierenden Autopiloten hatte ich aber wieder) und die Segel trimmte, hatte ich weiterhin Probleme das Boot schnell zu machen und Höhe zu fahren sobald der Wind unter 10kn fiel. Dadurch verlor ich leider wieder enorm viele Plätze. Da wir aber in eine Kaltfront hineinfuhren, nahmen Wind und Welle schon bald zu. Anders als von den Routings angenommen, mussten wir um das gesamte Verkehrstrennungsgebiet herum kreuzen. Inzwischen war der Wind auf 18-25kn gestiegen und leider auch der Strom für lange Zeit gegen uns, sodass wir uns mit einem grausamen VMG von 1kn dem Wegpunkt näherten. Das schlimmste daran war aber, dass alle Boote, die ihn bereits gerundet hatten, etwas abfallen konnten und richtig wegfuhren. So kommen sehr schnell Abstände zusammen, die man einfach nicht mehr aufholen kann.

Die Front kam mit Böen bis zu 32kn und einer echt beeindruckenden See. Mit gereffter Fock und zweifach gerefftem Groß wetterten Whomper und ich das gut ab, auch wenn das Leben auf einem Mini bei solchen Bedingungen natürlich super hart ist. Alles war nass, ich blieb vom Start bis zum dritten Regattatag in meinem Trockenanzug, Essen oder Schlafen waren schwierig bis unmöglich. Der Wind blieb auch danach böig und vor allem die Welle blieb uns noch lange erhalten, doch am Nachmittag nach dem Frontdurchgang hatte der Wind gedreht und ich setzte den Code 5. Die Bootsgeschwindigkeit blieb die ganze Nacht über im Durchschnitt bei 10kn. Irgendwann wechselte ich auf den Medium Spi als der Wind weiter abnahm. Leider machte der Autopilot schon wieder etwas Probleme, wenn auch diesmal andere, aber er zeigte einen falschen Ruderwinkel an und steuerte daher nicht mehr genau. Ich steuerte weiter sehr viel per Hand und war natürlich dementsprechend übermüdet. Ich malte mir schon aus im leichteren Wind schlafen und mich erholen zu können, aber weit gefehlt. 8sm vor unserem südlichen Wendepunkt, der Tonne BXA vor der Mündung der Gironde (Bordeaux), kreuzte ich vor dem Wind bei 5kn Wind und dem restlichen Schwell. Erst 5 Stunden später rundete ich mittags die Tonne und begab mich auf den Am Wind-Kurs Richtung Île d’Yeu. Flaute kannte ich inzwischen ja zur Genüge, die fehlte auf dieser Etappe noch. Erst am nächsten Morgen kam mit dem Näherkommen der nächsten Kaltfront wieder Wind auf. Es folgten ein paar wenige schöne Segelstunden, erst unter großem Spi bei 10kn Wind, dann unter Code 5 bei 20kn Wind und einem immer spitzer werdenden Kurs. Aber bei diesen Bedingungen läuft mein Boot in Hochform! Wir überholten drei Boote und gut gelaunt rundete ich mit einer Seemeile Vorsprung die Île d’Yeu. Nun waren es nur noch 20sm bis zur Ziellinie. Die zweite Front erreichte mich nachmittags mit 25-28kn Wind und 2m Welle genau von der Seite. Doch ich hatte rechtzeitig gerefft und war gut drauf. Dann geht es eben noch schneller bis zum Ziel! Bei einem TWA von 80° speedeten wir mit beeindruckenden 9-10kn Les Sables d’Olonne entgegen, als ich plötzlich ein klackerndes Geräusch vom Heck hörte. Der untere Ruderbeschlag meine Luvruders war gebrochen! Ich nahm sofort die Fock runter und versuchte das Ruder mit Leinen in seiner Position zu sichern. Es waren ja schließlich nur noch 10sm bis zum Ziel. Aber schnell wurde klar, dass das bei dieser Welle keine Option war. Ich schaffte es das Ruderblatt ins Cockpit zu ziehen und fuhr mit einem Ruder weiter. Kein gutes Gefühl mit der felsigen Küste nur 3sm in Lee… Die letzte Meile zur Ziellinie musste auf dem anderen Bug gesegelt werden. Ich hatte also nur noch das Luvruder und zusätzlich hatte sich der Autopilot unter Deck verklemmt, sodass ich kaum noch manövrierfähig war. Ein Motorboot der Wettfahrtleitung begleitete mich, falls ich abtreiben sollte. Aber ich schaffte es ins Ziel! Ein bisschen überwältigt von diesem emotionsgeladenen finish und der Erschöpfung der vergangenen Tage wurde ich durch den Vendée Globe Kanal reingeschleppt. Diese ultra harte Regatta war geschafft! Auch wenn ich offiziell noch in der Protowertung geführt wurde, war auch meine theoretische Platzierung innerhalb der Serienboote (Platz 35) absolut nicht das, was ich erwartet oder erhofft hatte. Der Fokus wird für mich jetzt auf jeden Fall darauf liegen, das Boot auch bei wenig Wind schnell zu machen, mich mit anderen Booten im Training zu vergleichen und mehr Polardaten zu sammeln.