2. Platz bei unserer ersten Sun Fast 30 One Design Regatta in Frankreich
Nach zweieinhalb intensiven Wochen mit 2500km auf der Straße mit unserem Boot hinten dran, 3x Kranen, Mast stellen und legen sowie intensiver Vorbereitung auf den Drheam Cup können wir auf eine großartige Regatta zurück blicken. Der ganze Aufwand hat sich definitiv gelohnt!
In Cherbourg wurden wir herzlich und hilfsbereit von der Sun Fast 30-Verchartererbasis Cap Regatta begrüßt und bereiteten unser Boot im großen Yachthafen in Ruhe auf die Regatta vor. Vor allem Lina genoss es, wieder mal bei einer großen Regatta in Frankreich dabei zu sein. Der Stellenwert des Offshore-Segelns ist einfach enorm hoch, es gab ein Race Village, das als Sommerfest für die ganze Stadt diente, alle Boote waren in den Farben der Sponsoren und der Regatta geflaggt, es gab live Radiomoderation vor Ort und Kinder aus Cherbourg wurden auf vielen der Boote beim Prolog mitgenommen. Die Verabschiedung mit dem Feuerwerk zum französischen Nationalfeiertag am Vorabend des Starttags machte das besondere Flair perfekt.
In den Tagen vor dem Start hatten wir auch ein bisschen Zeit um die Küste des Cotentins zu besichtigen: während in Cherbourg der große Fähr- und Militärhafen, die Industrie und eine beeindruckende Bunkerlinie rund um den Hafen das Stadtbild prägen, ist das Umland wirklich traumhaft. Steilküste, lange Sandstrände, viel grün dank des üppigen Regens, kleine Orte und von starker Tide geprägte Häfen, die Kanalinseln immer in Sichtweite. Und dann bot sich noch eine besondere Gelegenheit als uns ein TO-Mitglied aus Deutschland im Hafen von Cherbourg über den Weg lief und Lina bat, seine werftneue Alu-Expeditionsyacht zu taufen. Eine Ehre dieses Boot taufen zu dürfen und ein wunderschöner Nachmittag an Bord der „Manus 2“.
Felsküste des Westcotentins
Für die Class 30, also die Klassenvereinigung der Sun fast 30 OD-Boote, war der Drheam Cup die erste Regatta mit eigener Wertung. Es war auch das erste Mal, dass überhaupt mehrere gleiche Boote und Segler dieser neuen Bootsklasse zusammen gekommen waren. Auch wenn man auf Grund der engen Klassenregeln nur wenig am Boot verändern darf, wurde doch an allen Booten fleißig spioniert, wie manches gelöst worden war. Der Austausch mit den anderen Seglern aus sechs Nationen schon vorab war gold wert: wir konnten bisherige Erfahrungen austauschen, Lösungen für erste Kinderkrankheiten ansprechen und veranstalteten mit B&G als Partner der Klasse einen Workshop mit anschließender Fragerunde auf jedem Boot. 8 identische Sun Fast 30 ODs gingen letztendlich an den Start. Wie groß die Crews sind, stand offen, sodass wir nur eine von zwei doublehanded Crews waren. Die anderen fuhren zu dritt, viert und das Boot des Jugendprojekts „Griffin Project“ sogar zu fünft. Bei zwei Profi-Teams und in Anbetracht der Tatsache, dass wir bei schnellen Manövern und dem prognostizierten Am Wind-Kurs durch fehlendes Gewicht auf der Kante einen Nachteil haben würden, waren wir sehr zurückhaltend was unsere angestrebte Platzierung anging.
Insgesamt nahmen 70 Boote an der Regatta teil, von Class 40s über IRC-Boote aller Größen bis hin zu Trimaranen. Der Drheam-Cup wurde das fünfte Mal ausgetragen und ist in England und Frankreich ein beliebtes Rennen für Amateure und Profis. Auf Grund der unbeständigen Wetterlage mit möglichem großen Flautenanteil wurde unser Kurs auf 520sm verkürzt. Von Cherbourg aus führte er einmal quer über den Ärmelkanal nach Shamble, dann die englische Küste lang bis Land’s End, südlich bis zu einem virtuellen Wegpunkt weit außerhalb der bretonischen Spitze, anschließend die südbretonsiche Küste entlang bis zur Belle Île und zum Ziel nach La Trinité-sur-Mer.
Am 15. Juli starteten wir nachmittags bei Hochwasser mit Schauerböen bis zu 25kn außerhalb der Rade de Cherbourg. Bis zur ersten Ablauftonne erreichten wir unter Code 0 mit 14kn die Spitzengeschwindigkeit dieses Rennens, dann war die erste Regenwolke durch. Wir hielten uns frei in Lee des Feldes und machten gute Geschwindigkeit. Bei der nächsten Tonne setzten wir den A4 und es ging los über den Ärmelkanal. Nach einem ordentlichen Sonnenschuss im nächsten Regenschauer mit anschließendem Winddreher bargen wir den Gennaker und gaben bei einem offenen Am-Wind Kurs zunächst nur unter J3 und später unter Code 0 ordentlich Gas. Bereits um Mitternacht erreichten wir unsere Wendemarke Shamble-West vor der englischen Küste. Nun ging es auf einen 200sm langen Am-Wind Kurs die ganze englische Küste entlang bis Land’s End. Bei 18-25kn Wind fand unser Leben mit J3 und einem Reff im Groß in Schräglage statt und man brauchte bei der konfusen Welle immer eine Hand, um sich festzuhalten. Die Tide passte gut so, dass wir uns bei Gegenstrom in die weiten Buchten von Exeter und Plymouth flüchten konnten. So konnten wir durch einige taktisch kluge Schläge ordentlich aufholen auf die beiden ersten Boote. Fünf Boote waren die ganze Zeit auf dem AIS und teilweise auch in echt zu sehen.
Nach 24h im Rennen nahm der Wind langsam ab, die Welle blieb noch eine ganze Weile bestehen, sodass wir zeitnah auf die größere J2 wechselten um weiterhin durch die Welle zu kommen. Als Dritte rundeten wir am dritten Renntag morgens bei Sonnenaufgang den beeindruckenden Leuchtturm Wolfs Rock. Mysthische Stimmung mit den Bergen von Land’s End im Hintergrund, der gurgelnden Strömung am Rock und dem auf 5-8kn abnehmendem Wind. Der Wind drehte leider mit, sodass weitere 130sm Kreuz vor uns lagen bis zum virtuellen Drheam-Waypoint weit offshore vom Verkehrstrennungsgebiet Ouessant an der bretonischen Spitze. Aber von nun an begleiteten uns immer wieder zahlreiche Delfine, umspielten unseren Bug, machten uns gute Laune. Das Leben an Bord wurde mit der abnehmenden Welle endlich etwas angenehmer und wir machten bei Leicht- bis Mittelwind meistens unter J2, manchmal unter Code 0 wenn es sonst nicht mehr durch die Restwelle ging, Weg nach Süden. Wir nutzten die Winddreher einiger großer Wolken um Boden zu den ersten beiden Booten gut zu machen und blieben von dort an in einem maximalen Abstand von 2sm zum Ersten. Dieses enge Match machte die Regatta natürlich noch einen Tick anstrengender, da man wirklich die ganze Zeit 100% gibt und sich immer direkt vergleicht, bringt aber auch unglaublich viel Spaß und Performance.
Am vierten Renntag gegen Mittag rundeten wir endlich den Waypoint und machten uns unter Code 0 bei abnehmendem Wind und zunehmender Sonne auf den 180sm langen Weg zur Belle Île und damit unserem letzten Wendepunkt vor dem Ziel. Das Hochdruckgebiet hatte uns, es wurde flau. Der große Gennaker ging für einen tiefen Vormwind-Kurs hoch. Am nächsten Morgen tauchte die bretonische Küste am backbord Horizont auf und die Zahl der Fischer nahm deutlich zu. Bei sehr unbeständigem Wind bewegten wir uns von Windfeld zu Windfeld, mal mit 5kn fahrend, mal fast komplett stehend. Als wir nach über zwei Tagen wieder Netzabdeckung hatten, erfuhren wir, dass zwei Boote hinter uns mit einer Kursoption weiter weg von der Küste immer näher aufkamen…es wurde also nochmal richtig spannend! Bei Belle Île gab es bei Sonnenuntergang und aufgehendem Vollmond einen finalen Flautenkrimi mit den ersten fünf Booten. Nach 500sm Regatta waren wir fünf nur 4sm voneinander entfernt, das ist echtes One Design-Segeln. Wir machten noch einen extra Schlag weiter raus aus dem Windschatten der hohen Belle Île und schafften es dadurch noch, uns auf den 2. Platz vorzuschieben. Erst als sich der Abstand zum Dritten auf 1sm vergrößert hatte, wagten wir etwas aufzuatmen. Es stand allerdings noch ein Segelwechsel vom großen Gennaker auf Code 0 an und die Crew hinter uns waren zu dritt an Bord, würden das Manöver also sicherlich schneller schaffen als wir. Bei uns klappte aber alles bestens, wir rundeten die kleine Insel Hoedic und machten uns hoch zufrieden bei 10kn Wind und einsetzendem Nieselregen in der inzwischen pechschwarzen Nacht mit einem spitzen Halbwindkurs auf die letzten 13sm bis zum Ziel. Wir überquerten die Ziellinie vor La Trinité-sur-Mer kurz vor der einsetzenden Flaute nach 4d12h31min in den frühen Morgenstunden des 5. Renntags als Zweite Sun Fast 30 OD. Am Steg angekommen gab es nach einem kurzen Check des Bootes durch die Jury ein herzliches Willkommen durch die Organisatoren und die Crew des ersten Bootes. Herzlichen Glückwunsch an die erstplatzierte SL Energies, die ein wirklich sauberes Rennen gefahren ist, und an die Drittplatzierten Red Dolphins mit dem belgischen Class 40 Segler Jonas Gerckens und Djemila Tessin, die ebenfalls 2021 mit Lina zusammen an der Mini Transat teilgenommen hat. Danke für ein wahnsinnig spannendes und intensives Match!
Wir sind super zufrieden mit unserem Boot, unserer Geschwindigkeit und vor allem unseren taktischen Entscheidungen. Dass wir den zweiten Platz als nur eines von zwei doublehanded Teams geschafft haben, ist noch das i-Tüpfelchen. Verstecken müssen wir uns wohl nicht, auch nicht in Frankreich.
Das Sun Fast 30 OD Podium